Großes Mülltheater bei geschlossenem Großen Haus

Pressemitteilung vom 22. März 2011

Mal angenommen, zwei Partner verabreden und praktizieren ein Geschäft, dass rechtlich nicht korrekt ist und beide wissen darum. Irgendwann fliegt die Sache auf. Kann da der eine vom anderen Schadenersatz verlangen? Wohl kaum, meint der arglose Bürger. Aber in Rostock ist auch das möglich.

Als die Hansestadt Rostock und die Entsorgungs- und Verwertungsgesellschaft mbH Rostock (EVG) einen Dienstleistungsvertrag über die Entsorgung der Haushaltsabfälle schlossen, wussten beide, dass sie wegen der fehlenden EU-weiten Ausschreibung gegen geltendes Recht verstießen(1998-2010). Das hinderte sie nicht, den Deal durchzuführen, bis sich ein Rostocker Bürger an die EU wandte. Die Rostocker Müllgebühren waren ihm einfach zu hoch.

Angesichts der gegenüber dem Umland rund doppelt so hohen Müllgebühren muss die EVG exorbitant verdient haben. Deshalb soll sie jetzt für den Fall, dass sie nach einer EU-weiten Ausschreibung der Entsorgungsleistungen nicht den Zuschlag erhält, einen „Schadenersatz“ in Höhe von 11,3 Mio. Euro erhalten. Schadenersatz dafür, dass sie gegen rechtliche Normen verstieß und überdurchschnittlich verdiente?

Müssten nicht eher die Rostocker Bürger einen Schadenersatz von der Stadt und der EVG verlangen? Wegen des fehlenden Wettbewerbs wurde ja nicht der kostengünstigste Bieter ausgewählt und es konnten willkürlich festgelegte Entsorgungspreise (und damit EVG-Gewinne) vereinbart und als Müllgebühr auf die Bürger umgelegt werden.

Aber es kommt noch schlimmer! Stadt und EVG vereinbarten (2010/11), dass die EVG auch dann Geld bekommt, wenn sie im Ergebnis der Ausschreibung den Zuschlag erhält! Stolze 6,8 Mio. Euro will die Stadt dann zahlen. Wofür denn? Schweigegeld für Vorgänge, die besser nicht ans Licht kommen? Verhinderung einer verschleppten Insolvenz? Finanzierung nicht bekannter Dritter? Die Liste „verschwörungstheoretischer Vermutungen“ (OB Methling) ließe sich noch fortsetzen.

Es kann nur eine Schlussfolgerung geben: Beide Zahlungsvarianten sind genau so unrechtmäßig wie die ursprüngliche Vergabe an die EVG. Das aber bedeutet, dass nicht nur 6,8 Mio. Euro, sondern sogar 11,3 Mio. Euro im Stadtsäckel vorhanden und somit anderweitig verfügbar sein müssen. Für die sinnvolle Verwendung dieser Mittel dürfte es bei der Mehrheit der Rostocker Bürger eine klare Prioritätenliste geben: (a) Instandsetzung der Spielplätze, für die angeblich kein Geld vorhanden ist, (b) umgehende brandschutztechnische „Ertüchtigung“ des Großen Hauses und (c) Verwendung der Restmittel für eine behutsame Vorplanung des Theaterneubaus unter konsequenter und stetiger Einbeziehung der Rostocker Bürger.

Rostock, den 21. März 2011

Rostocker Initiative für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft und gegen Müllverbrennung e.V., der Vorstand